Neulich auf einer anderen virtuellen Ebene unterhielten sich Menschen über Vernetzung und eine Frau verkündete ganz nebenbei, dass sie „ihren Blog ja bisher nur auf Facebook führen würde“.
Meine erste Reaktion war natürlich ein Kotzkrampf.
Ein völlig berechtigter Kotzkrampf, denn die Annahme, dass ein Selbstbestätigungs-Account in einem gnadenlos verflachten kommerziellen sozialen Netzwerk mit einem Blog gleichzusetzen ist, die ist völlig falsch.
Irgendwie aber auch ganz richtig.
Deswegen war meine zweite Reaktion, die mir bisher erhalten bleibt, auch eher amüsiert: Och, warum eigentlich nicht.
Das Netz, das wir früher einmal bewohnen konnten, ist sowieso unwiderruflich zerstört worden dadurch, dass jetzt alle an allem teilnehmen können.
Es kann aber nicht schlecht sein, dass alle an allem teilnehmen dürfen.
Kein Weg führt zurück. Alles geht, dann geht auch das.
Ins Internet reinschreiben, egal wo, ist ein “Blog”. Meinetwegen. Es musste ja so kommen, irgendwann.
Was von den Kostbarkeiten bleibt, sind Nischen. Zirkelblasen. Erinnerungen und die Möglichkeit, immer noch genau das zu tun, was man tun möchte.
Das ist nicht wenig. Ich habe also keine Klagen.
Auch mit iPhone an der Backe und Facebook im Hirn kann man Magie im Internet finden … Seelenfreunde, Wahlfamilien, Ehrgeiz, Ziele und neue Träume.
Da bin ich mir ganz sicher.
Woanders gespeichert für alle Zeiten sind die weißen Nächte und fast endlosen Tage im kostbaren, langsamen Datenstrom, als alles anfing. Ein Geschenk, das sich so niemals wiederholen lässt.
Aber das auch nur vermissen kann, wer es kennt.
Das alles ist nicht wenig.
Ich habe keine Klagen ... und wer seinen Facebook-Account ein Blog nennen möchte, darf das bei mir gerne tun.
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P.S. Es heißt DAS Blog.
P.P.S. Ein Blog ist so viel Tagebuch, wie die Bloggerin es möchte. Oder so wenig.
Ebent. Die Unschuld war spätestens weg, seit sich niemand mehr über “der” Blog aufregte (und im schlimmsten Fall nur der Verweis auf den Duden folgt).
Ich kann mich über “der” Blog ja immer noch aufregen. Und erkläre notfalls auch, warum der Duden irrt und es “das” heißen muss.
Hiermit katapultierst du mich zwanzig Jahre zurück - zurück zum 28.8er Modem mit AOL 2.0 und hoffentlich schlafenden Kindern: “Woanders gespeichert für alle Zeiten sind die weißen Nächte und fast endlosen Tage im kostbaren, langsamen Datenstrom, als alles anfing. Ein Geschenk, das sich so niemals wiederholen lässt.”
Danke. (Wobei die fast endlosen Tage mir nicht zur Verfügung standen - aber die Nächte.)
Naja, bei aller Nostalgie, ich möchte nicht zurück zu 14.400 Modemzeiten (*kreiiiischpieeeeeep* TUTTUTTUT &/%$ Schon wieder besetzt) und ewig langen Ladezeiten (ich bin ja heutzutage schon genervt, wenn das Telefon nur EDGE-Empfang hat.
Und was die Tatsache angeht, dass alle mitmachen dürfen… nun, man muss ja nicht alles lesen. Und man muss auch nicht bei facebook sein. Von daher kann ich da nicht mal lesen. Und ich vermisse einfach gar nix 😊
Gut, Blog kommt ja von Weblog. Und als Logbuch bezeichnet man ja meines Wissens nach alles, was mit regelmäßiger Aufzeichnung zu tun hat. Definitionsgemäß ist es also einem Tagebuch oder Ereignisprotokoll sehr ähnlich. Aber eigentlich ist es ja auch nur die Weiterentwicklung der selbstgebastelten HTML-Seiten aus den frühen 90ern, die wir an der Uni mit allerlei Dingen vollgeschrieben hatten… 😉
Was ich sehen kann, weil ich in einigen Gruppen für Blogger bei Facebook mitlese: Es macht einen ziemlichen Unterschied, ob man HTML schreiben und selbst strukturieren muss, um am WWW teilzunehmen, oder ob man auf den Wordpress-Train springen und sich vom halben Universum mitschleifen lassen kann. Man staunt doch öfter mal 😊
Ja klar, das kann ich mir vorstellen. Andererseits würden ganz viele hervorragende und sehr lesenswerte Sachen im Netz fehlen, wenn nur die dort etwas veröffentlichen könnten, die dazu auch technisch in der Lage wären.
Also ich finde es toll, wenn man heute ganz toll geschriebene Seiten von Leuten lesen kann, die vielleicht nicht so computeraffin sind, aber auf ihrem Gebiet ganz lesenswerte Geschichten zu erzählen haben. Mir würden die sehr fehlen.
Ob es solche Leute auch bei facebook gibt, weiß ich natürlich nicht, aber in der Wordpress-Welt ja nun auf jeden Fall.
Ich hab ja geschrieben “Es kann nicht schlecht sein, dass alle an allem teilnehmen dürfen.” (Und auch ohne Internet sind es ja von Strand bis Strategie-Meeting oft die Tröten, die man am lautesten hört und sieht, weil sie davon ausgehen, dass ihnen da ein Platz ganz vorn zusteht).
Hast Du recht. Ganz schlimm finde ich allerdings, dass Zeitungsartikel, die online stehen, von allen kommentiert werden können. Was man da so zu lesen bekommt, macht einem Angst, in diesem Land zu leben.
Absolut.