Bauchgefühl.

Heute hätten wir einen Kreißsaal besichtigt, wenn ich nicht sofort wieder umgedreht wäre, sobald ich durch die Tür zum Treffpunkt sah. Angeblich sollten stets so vier bis fünf Paare zu einer Führung kommen, deswegen sei es auch nicht nötig, sich anzumelden. Tatsächlich saßen aber siebzig bis achtzig wartende Personen oder mehr in dem Konferenzraum, fünfzig Prozent davon kugelbäuchig, und vorn am Pult nuschelte irgendeine Ärztin leise vor sich hin – mir hat ein Blick dort hinein gereicht, was sollte das groß bringen?

Weder hat man ein Wort verstanden noch möchte ich mit einer großen Herde Schwangerer durch Krankenhausgänge getrieben werden, um dann doch weder eventuelle Fragen stellen noch in Ruhe gucken zu können. Stichwort: Muuuuh. Muh kommt noch früh genug, da muss ich mich nicht mit der Herde durch das Flussbett treiben lassen, um die Schlachtbank zu besichtigen.

Genau genommen weiß ich nicht einmal mehr, warum ich überhaupt irgendwas besichtigen sollte, ich bin einem Vorschlag gefolgt. Aber eben nur bis zur Tür.

Wenn ich mich umschaue und vor allem auch umhöre, besichtigen viele werdende Familien gleich mehrere Krankenhäuser nacheinander, lassen in Gutsherrenmanier dutzendfach Hebammen antanzen zur Bewerbung und analysieren über Monate den Markt und Internetforen, um das beste Modell Kombi-Kinderwagen aufzutreiben. Sollen sie machen. Ich kann da natürlich locker mithalten, immerhin haben wir den Tummy-Tub-Badeeimer besorgt, den die Hebamme uns empfohlen hat und es passen 8 Flaschen Bionade plus Eiswürfel rein. Was will man mehr?

Weitere Vorschläge und Empfehlungen höre ich mir zwar an, das könnte aber durchaus auch mit daran liegen, dass es kaum ein Entkommen gibt. Selbst die langjährigsten und geistig eigentlich voll einsatzfähigen Bekannten verfallen zurzeit gerne in ausführliche Erläuterungen darüber, wie sie sich (unsere) Kindererziehung und –ausstattung denn so vorstellen.

Über detaillierte Ausbildungspläne für bisher nur hypothetische Kinder anderer Leute reden wir besser gar nicht erst, da hört man nur staunend zu.

Wenn aber selbst die intelligenteren Menschen denken, sie müssten uns ausdrücklich erklären, dass man Babys nicht vor dem Fernseher parken sollte, frage ich mich schon, was für merkwürdige Mechanismen da teilweise ablaufen und warum man uns das mitteilt. Unser Kind geben wir später natürlich von Anfang an alleine im Kino ab – wenn schon, dann soll es sich auch richtig amüsieren und Originalversionen gucken.

Belehrungen sind ja sowieso immer eine super Sache. Ich habe auch eine für euch:

Niemals, wirklich niemals sollte man einen Waldkaterfratz in ein Tragetuch stecken. Er wird es lieben und man wird den halben Vormittag mit einem schnurrenden, aber genüsslich um sich kratzenden Bündel unterm Kinn verbringen.

Das hört sich vielleicht romantisch und niedlich an. Ist es aber nicht.

11 Kommentare Bauchgefühl.

  1. Avatar Lydia 19.07.2007 um 08:17 Uhr

    Katze im Tragetuch habe ich ja noch nie probiert! Was für eine lustige Idee! 😊

    Und weil meist niemand aufsteht und etwas Gutes über mich sagt, will ich das diesmal selber tun:

    Ich gehöre zu der angenehmen Sorte Mitmensch, die wirklich niemals ungefragt Ratschläge erteilt. Ehr-lich! Ich berichte gerne von meinen Erfahrungen, lasse es anderen aber immer offen, sich daran zu orientieren oder auch nicht.

    Meine Sätze beginnen wirklich nie mit “Du solltest…”, sondern maximal mit “Ich habe erlebt…”

    Und das liegt wirklich nicht daran, dass ich von Geburt an als unfehlbares Engerl durchs Leben ziehe, sondern auch ich hasse nichts mehr, als wenn ich - am besten noch von oben herab - belehrt und angewiesen werde.

    OK, ich sehe eben, es ist 07:12, hat bereits knappe 29 Grad im Arbeitszimmer - das erklärt und entschuldigt vielleicht/hoffentlich meine unverschämte Selbstdarstellung. 😉

    (Bitte nicht als Eigenwerbung deklarieren und in Rechnung stellen!)

    Und noch meine persönliche Erfahrung zum Thema:

    Erstens kommt meist sowieso alles anders, und zweitens kann es frau im Fall des Falles - also im Moment der Geburt - sowieso egal sein, ob der Kreißsaal jetzt grün, rot, oder dunkelbraunbeige gestrichen ist. Eine vorherige Besichtigung fällt für mich in die Kategorie “Unterhaltung und Befriedigung der Neugierde” und verliert spätestens nach dem 1. Kind jeglichen Reiz. Also für mich jedenfalls. 😊

    Wenn Du die Geburtenstation “Deines” Krankenhauses gerne vor dem großen Tag besichtigen möchtest, dann wünsche ich Dir, dass Dir das auch ohne Massenauflauf gelingt. ;.)

  2. Avatar melody 19.07.2007 um 08:57 Uhr

    Silke: Nix 😊)

    Biggi *g* du weißt ja, wie süß er sein kann, wenn er denn mal zufällig will.

    Lydia: Ich hab diese Stationen ja in mehreren Krankenhäusern gesehen in den letzten Monaten ... wenn das eine “normale” Besichtigung gewesen wäre, hätte ich ein paar Fragen gehabt, die jetzt nicht so viel mit der Wandfarbe zu tun gehabt hätten 😊)) aber so eine Mama-Herde kann man nur vor sich her treiben, nicht betreuen. Und ich hasse lieblose Massenabfertigung.

  3. Avatar tanja 19.07.2007 um 09:58 Uhr

    Ach ja, dass kenn ich doch auch noch. In Ratingen (kath.) war es genauso: Der Chef spricht im großen Saal, führt dann eine Meute durch den Kreißsaalbereich und jeder darf (muss aber nicht) in der achsotollen Gebärwanne Platz nehmen. Aber das war nicht der ausschlaggebende Punkt, dort nicht zu Entbindung hinzugehen…

    In Kaiserswerth (FNK) sind wir von einer Hebamme ganz privat durch die Räume geführt worden, konnten Fragen stellen, die unsere persönliche Situation betraf und brauchten uns nicht hundertfach “Ich will in der Wanne entbinden!” anzuhören. Sie war uns so sympathisch, dass sie auch direkt für Akupunktur und Nachsorge gebucht wurde.

    Und das, obwohl die dort auch einen Abfertigungstermin für die Besichtigung hatten. Aber Dreistheit siegt, einfach außer der Reihe hinfahren! 😉

    Und zum Tragetuch: In welcher Wickeltechnik sitzt denn der Kater? Doppelte Kreuzwiege? Hüftsitz? X-Trage? *ggg*

  4. Avatar Martina 19.07.2007 um 10:06 Uhr

    *ggg* bitte weiter berichten, Erinnerungen werden wach…und alles wiederholt sich wohl.

    Nur ne Katze hatten wir nie, weder im Tragetuch nocch sonst wo.

  5. Avatar Ute 19.07.2007 um 11:47 Uhr

    Kenzo mag also das Tragetuch? Das würde ich ja auch gerne mal sehen. *LOL*

    Das Baden im Eimer habt Ihr aber noch nicht mit ihm ausprobiert, oder? *g*

  6. Avatar Susi 19.07.2007 um 23:04 Uhr

    lol. Ich habe auch fast gar nix besichtigt, und habe trotzdem drei gesunde Kinder.

    Es geht. 😉

    Ein leiser Hang zum Chaos ist allerdings hilfreich.

  7. Avatar creezy 21.07.2007 um 11:04 Uhr

    Ich überlege, ob es nicht sinnvoll wäre als diese vielen ratgebenden Menschen gleich mit nur Krankenhausbesichtigung mitzunehmen? Dann ist es schön voll, sie können die anderen verrückt machen und man selbst testet in dieser Zeit die Krankenhauscafeteria (die ist eh wichtiger!) 

    Mir war dieses Vorbereitungsbeschnüffeln immer suspekt bei meinen Freundinnen. Mich würde das nur sehr irritieren, wenn am Geburtstag das von mir nach allen Regeln von Ying, Yang, Chi und Co. ausgesuchte Zimmer dann von so einer blöden anderen dreisterweise zur gleichen Zeit Gebärenden weggeschnappt wird. Die tolle Hebamme hat eh gerade am Geburtstermin keinen Dienst und was weiß ich, ich bleibe dabei, die eigentlich Pirorität hat die Cafeteria! 😉

    Ich gehe mir jetzt ein Tragetuch kaufen, neun Kilo Kater tragen fördert den Muskelaufbau!

  8. Avatar melody 21.07.2007 um 11:22 Uhr

    Tanja: Das FNK ist meinen Erfahrungen nach der blanke Horror und dreckig war mein Zimmer auch. Schön, dass du mehr Glück gehabt hast da.

    @alle: Es geht ja nicht immer um Schwangerschaftstourismus und das brave Abarbeiten irgendwelcher Broschüren und Besichtigen von Wasserwannen und Wunschzimmern,  für solchen Firlefanz hätte ich sowieso keine Zeit 😊 Manche Leute haben aus guten Gründen auch andere Anliegen.

    Bei einer Besichtigung mit vier bis fünf Paaren wäre das Stellen solcher Fragen ja auch kein Problem gewesen. Jetzt hole ich mir eben einen Termin.

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