Dreizehn

Gestern war ja nun ein toller Tag. Ich erinnere mich an ca. zwei Stunden bei vollem Bewusstsein und dann noch daran, wie ich mir mitten in der tiefsten Schmerzattacke eine ganz und gar nicht desinfizierte lange Nähnadel 8 mm tief waagerecht in die Stirn gejagt habe, weil es dort unerträglich juckte. Ein einzelner perfekter rubinroter Tropfen trat aus ... und das Jucken stoppte sofort. Wollen wir mal hoffen, dass ich das dann vielleicht doch nur geträumt habe.

Nee, war schon schön gestern. Leider gibt es nur wenige Menschen, die in Händen oder Stimme jene Magie mit sich führen, die dich selbst in so einem Zustand noch beruhigen und schwebend halten können. Ich glaube, der letzte dieser Schutzengel (den ich kannte) starb noch vor mir. Zwischen dem dritten und dem vierten Leben irgendwann. Einen Tag später scheint die Sonne und mensch vergisst so schnell. Irgendwie ist man vorbereitet und irgendwie doch nicht, jedenfalls war ich gestern nicht darauf eingestellt, so schnell so tief zu fallen und bin heute irgendwie verkatert von dem leicht gewagten Tablettencocktail.

JA ich war heute beim Arzt und NEIN das war leider wieder nicht hilfreich. Hilfreich ist eh ein feines Stichwort. Es ist die eine Sache, zu wissen, wie banal Menschen sind und mit wie wenig sie belastet werden wollen und können. Und eine andere, keuchend vor weißglühendem Schmerz durchs Universum zu taumeln und dir dann dennoch parallel so geduldig wie machbar anzuhören, wer alles aber auch gerade doll aua Bauch- oder Zahnweh hat, während du versuchst, dir weder die Zunge durchzubeißen noch die Nachbarschaft zusammenzubrüllen.

Es ist nicht christlich, all diesen Jammerköppen mal so eine Nacht zu wünschen (Amputation halber Zehennagel ohne Betäubung und auch ohne anschließende Betäubung ist übrigens ziemlich nah dran. Einfach mal probieren, boys’n girls, einfach mal ausprobieren). Ich tu’s trotzdem. Ich habe auch nicht vergessen, dass es mir gut geht. Und dass andere schlimmer dran sind und ohne eine Sekunde zu zögern mit mir tauschen würden, gerne mein defektes Immunsystem oder meine Nieren oder Lungen nehmen würden oder den ganzen kaputten Rest. Schließlich bin ich nicht blöd. Bin besser dran mit unerklärlichen chronischen Schmerzen als wenn ich unter einem unerklärlichen chronischen Leben leiden würde 😉

Noch was. Du kannst noch so viele Menschen um dich haben: Wir leben allein, wir sterben allein. Und auf eine bizarre, eine dunkle Art ... ist es gut und befreiend, das zu wissen. 

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