Vier Uhr früh ist keine gute Zeit für eine Landung in einem Dreibettzimmer, schon gar nicht, wenn man gar nicht auf einen Krankenhausaufenthalt vorbereitet ist. Ich ließ die Kleidung so leise wie möglich neben das Bett fallen und kletterte im T-Shirt und im Dunkeln zwischen die Laken, um die anderen Insassen nicht zu stören. Schnell wurde mir klar: So lange ich nicht mit einer Blaskapelle einmarschiert wäre, hätten sie mich sowieso nicht gehört. Links von mir wurde ein mächtiger alter Wald zersägt. Rechts röchelte es rhythmisch und dramatisch, aber gerade noch ausreichend durchgehend, um nicht zur ersten Hilfe inklusive erlösendem Luftröhrenschnitt anzusetzen.
Zwischen Schnorcheln und Röcheln lag ich, zählte die Flecken an der Decke und wartete auf den Schlaf, der erst nach Stunden zu mir kam. Für ungefähr fünf Minuten, dann brach um mich herum die Hölle los. Erst dachte ich, verdammt noch mal, warum muss ausgerechnet ich ein Zimmer direkt neben einer Baustelle erwischen. Dann merkte ich: Der Lärm kam von links. Und von rechts.
Links von mir telefonierte Roswitha P. mit ihrem Liebsten, der vielleicht nicht unbedingt schwerhörig war, aber deutlich sprechen musste Frau P. trotzdem - schließlich ging es um den sehr wichtigen Sauerbraten, den sie vier Tage nach ihrer Entlassung gerne essen wollte und um das ‘Sößchen’, das sie ‘dabei haben wollte’. Außerdem musste sie naturgemäß etwas lauter werden, um gegen den Besuch von Waltraud W. anzukommen. Der Sohn von Waltraud W., ‘der ist beie Pollezei’, war vor Dienstantritt mit Frau und Kind vorbeigekommen, um die Mutter noch vor dem Arbeitsbeginn für ein Stündchen zu besuchen. Vor dem Arbeitsbeginn war zwar auch vor dem Krankenhausfrühstück, aber die Familie von Frau W. war eben sehr flexibel.
Die muntere Bande rund um Waltraud W. wiederum war quasi genötigt, sich ein bisschen anzuschreien, weil die sorgfältige und andauernde Sauerbratenplanung so einen Geräuschpegel hatte.
Dazwischen saß ich immer noch halb aufrecht, zählte kurz meinen eigenen Puls, kniff mich selbst ins Handgelenk … alles bestens, weder hatte der unerwartete Höllenlärm einen Schaden ausgelöst, noch schlief ich und hatte einen schlimmen Traum. Ich hatte einfach nur das Pech, als stillgelegter Notfall in einem Zimmer mit bestens ausgeruhten und im Grunde bereits wieder kerngesunden älteren Damen gelandet zu sein, während ich mir nichts weiter als eine dunkle ruhige Höhle zum Gesundschlafen wünschte.
Shit happens, da konnte man wohl nichts machen.
So weit ich mich erinnern konnte, hatte ich noch kein einziges Geräusch gemacht, seit ich mich auf Zehenspitzen ins Mittelbett zwischen Röcheltrompete und Schnarchoboe geschlichen hatte.
»Weisse«, sagte Roswitha in anklagendem Tonfall zu ihrem heimischen Sauerbratenspezialisten, »weisse, wir zweie beide hatten es SO SCHÖN RUHIG HIER DIE GANZE ZEIT. Jetzt liegen wir leider zu dritt.«
Ich teilte das Bedauern völlig.
aua. ich wünsch dir, dass du da schnell wieder draußen bist…
Oh man, Du arme!!!! Was für eine Horrorgeschichte!
Geht es Dir wieder gut?
Off topic: Wie wäre es zur Aufmunterung im Juni mit einem Bloggertreffen? Lies doch mal:
http://www.chitime.com/blog/?p=2006
Ich würde mich freuen! 😊
Liebe Grüße, Chikatze
Weia, was geschieht dir bloß ?
Gute Besserung und balidge Entlassung wünsch’ ich dir! Ganz doll!
Ich denke, die Geschichte ist schon eine knappe Woche her und nun herrlich literarisch verarbeitet(?)
Immerhin kann das ganze schon wieder mit Humor betrachtet werden 😉
Wann kommt der nächste Kurzgeschichtenband, Melody?
Ansonsten natürlich auch gute Besserung!
Und da soll man nu in Ruhe gesund werden. Ich drück Dir trotzdem die Daumen für die Genesung!