Um 8 Uhr die Tablette nehmen, um 8 Uhr 30 etwas Müsli, eine Stunde Normalität und dann Zack-Boing-Booom genau dasselbe wie gestern. Schüttelfrost, Spontanerschöpfung, schlechter Traum (also brutale Horror-Bilder und netten kleinen “Schweigen der Lämmer-Sequenzen”, aber ich bin nicht als Opfer unterwegs, sondern wehre mich tatkräftig, was das Träumen aber nicht lustiger macht), Fieber. Heute keine Kopfschmerzen. Yippie. Dafür habe ich um Punkt 13 Uhr einen Mega-Flash gekriegt und beinahe wahllos irgendwas Zuckriges - in diesem Fall ein Snickers - in mich reingewürgt, als würde ich sterben, wenn ich nicht sofort den Blutzuckerspiegel anhebe. Oh, das ist toll. Genau das fehlte mir noch. Glücklicherweise war es 60 Sekunden nach “Einnahme” des Schokoriegels vorbei.
Dieses Medikament jagt einen Wirbelstrom durch mich, der mich nach dem Abklingen völlig erschöpft zurücklässt, ich frage mich, wie Leute mit einem Angestelltenverhältnis sowas bewältigen. Gibt es denn wirklich Menschen, die dieses Medikament freiwillig und illegal einnehmen, um davon abzunehmen? Ich kann es kaum glauben. Andererseits, ich glaube es doch.
Mir geht es heute schon besser als gestern - nicht gut, aber ein wenig besser - und das lässt hoffen, mich zumindest. Gestern noch habe ich darüber nachgedacht, dass ich es in viereinhalb Jahren immer geschafft habe, dieses Tagebuch so zu schreiben, wie ich es schreiben will: Für mich, und ein paar mir bekannte und ein paar mir unbekannte, aber willkommene Gäste, und für ein paar Zecken *g* Soll ich das nun ändern, weil mich dieser “medizinische Zwischenfall” beschäftigt? Ich habe eigentlich nie hin oder her überlegt, für mich war immer sonnenklar: Hier schreibe ich was, wann, wie und so oft ich will, nichts bedarf einer Rechtfertigung oder langwierigen Erläuterung. Wenn jemand mich haltlos ankeift, es sei abartig, wie ich hier selbstmitleidig eine Krankheitsgeschichte ausbreite, dann kann ich auch nur die Schultern zucken: Ich kann die Menschen verstehen, die sich und ihrer Umwelt nicht genug vertrauen können/dürfen, um ihre Ängste auszusprechen. Nachher keift sie noch jemand Seniles an, da wäre ich auch vorsichtig *g*
Aber für mich sind der offene Fluss von Informationen und ein Austausch wichtiger und ich halte es ohnehin wirklich für ein Zeichen von Schwachsinn, Diarys zu lesen, die man nicht erträgt. Mir ist es übrigens viel lieber, Widerspruch und Aufruhr zu erzeugen als gleichgültiges Plapperdiplapp, aber drauf anlegen tue ich es auch nicht, ich schreibe eben das, was ich schreiben will. Auch wenn wahrscheinlich mein Brüderlein mitliest, auch wenn es mit ziemlicher Gewissheit mein Vater tut, sie existieren im Tagebuch nicht bewusst, ich schreibe nicht anders als vorher. Fremder, vielleicht liest du hier schon lange und denkst, ich kenne Dich nicht. Aber bist Du sicher? Moving Target ist wie eine Verbindung zu vielen anderen, die sehr oft im richtigen Moment einen Finger ausstrecken und mich berühren. Sollte ich mich verrenken, verdrehen und verstellen, würde das versanden. Das weiß ich genau, mal abgesehen davon, dass die Krallen und Reißzähne genauso zu mir gehören wie der Rest. Everybodys Darling muss ich nicht sein, denn jedermanns Liebling ist auch jedermanns Depp. Solange es mir weiterhilft, diese und jene Entwicklung festzuhalten, werde ich es also tun. Nix Neues auf Melody.de 😉
By the way: Moving Target heißt “bewegliches Ziel” und nicht “Kuschelstündchen mit Bachblütentee”. Nur mal so am Rande.
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